Immo-Aktien: Betongold ist wohl doch kein Gold - Stefan Jäger | MakroTranslations

Donnerstag, 11. Mai 2023

Immo-Aktien: Betongold ist wohl doch kein Gold - Stefan Jäger

Immobilienunternehmen gehören in Europa zu den großen Verlierern an der Börse. Vor allem das letzte halbe Jahr war dramatisch für Immo-Aktien, wie der breit aufgestellte Stoxx Europe 600 Real Estate Index zeigt. Ende November notierte der Index noch bei knapp 200 Punkten – der gestrige Schlusskurs lag bei 111,25 Punkten. Unter anderem ist die Zinswende eine Bedrohung für Immobilienbewertungen. Der rasante Zinskurs der Europäischen Zentralbank hat die Finanzierungskosten in die Höhe getrieben und dadurch die Nachfrage gedrückt. Zudem hat sich der Sektor der Gewerbeimmobilien eingetrübt, da der Trend zum Homeoffice auch nach der Pandemie nicht wirklich abgeebbt ist.

Seit Herbst 2021 stürzen die Kurse von Immo-Aktien ab. Hierzulande mussten Wohnungskonzerne wie Vonovia und LEG heftige Kurseinbrüche verkraften. In der Spitze lag der Wertverlust bei etwas über zwei Dritteln. Doch seit dem Tiefpunkt Ende März haben sich die Aktien etwas stabilisiert. Die Börse preist hier einmal mehr die Zukunft ein. Denn höhere Diskontierungszinssätze könnten die Bewertungen von Immobilien bald dahinschmelzen lassen – und die Konzernbilanzen gleich mit. Während die Preise für Wohnimmobilien bislang nur moderat fallen, hat sich die Preiskorrektur bei Gewerbeimmobilien zuletzt beschleunigt, wie der vdp-Immobilienpreisindex zeigt. Wie Bloomberg berichtet, ist mit weiterem Druck auf den Sektor zu rechnen, da steigende Zinssätze die Finanzierungskosten weiter in die Höhe treiben und sich der Ausblick für die Entwickler von Gewerbeimmobilien zunehmend eintrübt.

Immo-Aktien: Probleme bei Gewerbeimmobilien

Ein Vorbote der Probleme scheint Schweden zu sein (hier mehr dazu). Dort hat der Gewerbeimmo-Riese SBB nach einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit die Ausschüttung von Dividenden gestoppt und eine Bezugsrechtsemission abgesagt. Schlechte Nachrichten für den Stoxx 600 Real Estate Index, der seit seinem Höchststand im August 2021 um 45% gefallen ist und damit rund 140 Milliarden Euro an Marktwert eingebüßt hat. Citi-Analyst Aaron Guy schätzt, dass der Wert von Gewerbeimmobilien in Westeuropa um bis zu 40% sinken könnte. Dies könnte wiederum Kreditvereinbarungen verletzen und damit bis zu 178 Milliarden Euro an frischen Mitteln erforderlich machen — mehr als die gesamte Marktkapitalisierung des Sektors von 144 Milliarden Euro. In den europäischen Immo-Aktien ist inzwischen viel Schlechtes eingepreist. Ist der Zeitpunkt also schon da, um auf eine Wende zu spekulieren? Schwer zu sagen, denn die Preiskorrektur von Immobilien könnte sich noch weiter fortsetzen.


Immo-Aktien im Vergleich zum Gesamtmarkt so billig wie nie

Vom deutschen Wohnungsmarkt kam zuletzt auch ein eher schlechtes Omen: wie sich erst im Nachhinein herausstellte, konnte die Vonovia bei ihrem jüngsten Milliardenverkauf an Apollo den Buchwert eines Wohnungsportfolios nicht annähernd realisieren. Dass das nicht offen zugegeben wurde, macht auch nicht gerade einen schlanken Fuß, wie die Analysten von Green Street diese Woche aufzeigten.

FMW/Bloomberg