Quo Vadis, Leitwährung Dollar? - Markus Krall | Makro Translations

Dienstag, 16. Juli 2024

Quo Vadis, Leitwährung Dollar? - Markus Krall

Viele erinnern sich noch an den Besuch des chinesischen Staatspräsidenten Xi in Moskau bei Präsident Putin und die Verabschiedung der beiden mit den sinngemäß zitierten Worten: „Wir bewirken jetzt Veränderungen wie es sie die letzten 100 Jahre nicht gegeben hat.“ Prompt fragte sich die globale Journaille was damit gemeint sein könnte. Greift China Taiwan an? Gibt es neue Bündnissysteme? Kommt es zum Wirtschaftskrieg mit dem Westen?

Ich wage die Hypothese, dass es den beiden um ein Kernstück des globalen Finanz- und damit Wirtschaftssystems gegangen ist, konkret: Das Währungssystem und seine weltweite Verankerung im US-Dollar als Leitwährung.

Die meisten Menschen wissen, dass der Dollar die „Leitwährung“ der Welt ist, aber die meisten haben ebenso keine Ahnung davon, was eine Leitwährung eigentlich ist, wie sie funktioniert und welche Vorteile sie ihrem Inhaber, den Vereinigten Staaten von Amerika bietet.

Leitwährungen gibt es schon sehr lange. In der Vergangenheit waren es in der Regel die als Goldmünzen geprägten Währungen des jeweiligen Hegemons, erst in einer Region, später der Welt. Die Größe des jeweiligen Imperiums bestimmte die weite Verbreitung der Münzen und auch Teile der Welt, die nur in seinem Dunstkreis lebten, adoptieren dann diese Münzen zur einfacheren Umrechnung von Handelstransaktionen. Das begann mit der griechischen Drachme, einer etwa 20 Gramm schweren Silbermünze, ging dann über den römischen Denar zum byzantinischen Solidus, dem Florentiner und dem venezianischen Dukaten zum niederländischen Gulden und dann zum britischen Pfund. Gold war Geld und das Pfund war sein Maßstab.

Mit dem ersten Weltkrieg wurde der Goldstandard durch die nach Kriegsfinanzierung gierigen Regierungen abgeschafft und konnte auch in der Zwischenkriegszeit 1918 – 1939 nicht mehr etabliert werden, entsprechende Versuche scheiterten.


Am Ende des 2. Weltkriegs hatte sich praktisch das gesamte Währungsgold der Welt in den USA angesammelt, denn die riesigen Waffenverkäufe der USA insbesondere an die Sowjetunion und Großbritannien erfolgten nicht für Lau, auch nicht für Papiergeld. Den USA war klar, dass Papiergeld nur aus wertlose Zetteln besteht. Gold war die einzige akzeptierte Währung. Der Goldbestand des Landes belief sich 1947 auf 22.000 Tonnen. Die Handelspartner der USA hatten nichts mehr davon zur Verfügung.

Das war die Geburtsstunde der Leitwährung Dollar. In Bretton Woods vereinbarte man eine Golddeckung des Dollars zu 35 Dollar pro Feinunze (31,1 Gramm) und einen festen Wechselkurs aller anderen Währungen zum Dollar, was einer indirekten Goldbindung entsprach. Die USA verpflichteten sich, Gold gegen Dollars in diesem Verhältnis herauszurücken, wenn andere Länder ihre Handelsbilanzüberschüsse aus Dollars in Gold umtauschen wollten.


Und diese Überschüsse kamen, ihr Spiegelbild waren die Defizite der US-Leistungsbilanz ab Beginn der 50er Jahre. Koreakrieg, atomares Wettrüsten, Sozialprogramme, Mondprogramm und Vietnamkrieg überforderten die Wirtschaftskraft der USA. Sie importierten mehr als sie exportierten, und so floss das Gold zurück nach Europa und Japan. Das und nicht das oft behauptete „Nazi-Gold“ war die Quelle des Goldschatzes der Bundesbank von 3.400 Tonnen, angespart bis zum 15. August 1971.

1971 waren die Goldvorräte der USA schließlich von 22.000 auf 8.000 Tonnen abgeschmolzen und Richard „Tricky Dick“ Nixon erklärte der Welt in einer Ansprache an seine „Dear American Citizens“, dass es ab sofort kein Gold für Dollars mehr geben werde, außer „wenn das im besten Interesse der Vereinigten Staaten“ sei, also nie.

Die Leitwährung Dollar mutierte an diesem 15. August von einer Leitfunktion durch Golddeckung zu einer Leitfunktion durch fait accompli. Die Handelspartner saßen auf riesigen Dollarreserven, die sie nicht auf null abschreiben wollten, obwohl die USA gerade eine buchstäbliche Staatspleite in Form eines nicht geleisteten Zahlungsversprechens (Gold gegen Dollar) hingelegt hatten. Wer jetzt noch mit Dollars ankam, der bekam im Austausch: Andere Dollars. Was für ein Trick!

Der Rest ist Geschichte: Die USA nutzten ihre neu gewonnen währungspolitische Freiheit in Kombination mit ihrer Leitwährungsfunktion (denn die Zentralbankbilanzen der Welt waren vollgepackt mit Dollars, ein Entkommen zunächst unmöglich!) für eine hemmungslose Verschuldungs- und Leistungsdefizit-Orgie:

Jedes neue Defizit wurde mit frisch gedruckten Dollars bezahlt, die damit verbundene Geldmengenausdehnung führte zu Inflation und Abwertung und heute hat der Dollar nur noch einen Bruchteil von 1,5% seiner Kaufkraft von 1971, jedenfalls gemessen in Gold.

Jedes Land mit Überschüssen gegenüber den USA wird so jeden Tag, jeden Monat und jedes Jahr um einen Teil des Wertes der Überschüsse enteignet. Ein geniales globales Tributsystem zugunsten der Hegemonialmacht USA. Die Summe dieser Tribute beläuft sich seit 1971 auf fast 7 Billionen, also 7.000 Milliarden Dollar nach heutiger Kaufkraft.

Und jetzt kommen die BRICS-Staaten, deren größte Mitglieder Russland und China sind und werden sich ihrer neuen Macht bewusst: Sie haben einen riesigen Handelsbilanzüberschuss. Jedes Jahr exportieren sie für eine Billion Dollar mehr Waren als sie importieren. Sie sind die Hauptberaubten dieses Systems und mittlerweile wissen sie das auch.

Welches Gegengift haben sie sich dafür einfallen lassen? Ein bewährtes: Gold.

Sie kaufen seit Jahren massiv Gold mit ihren angesparten Dollars ein, ersetzen so ihre Dollarreserven durch dieses Gold, verringern ihre Abhängigkeit von den USA und ihre Verluste aus der exportierten US-Inflation, treiben den Goldpreis in die Höhe und bereiten einen Paradigmenwechsel vor: Seit etwa einem Jahr arbeiten sie an einer Infrastruktur für eine neue internationale Handelswährung. Sie wird nach aller realistischen Analyse goldgedeckt sein. Wer künftig ein Defizit mit den BRICS hat, der muss es in Gold bezahlen, nicht mehr in Dollar.

Mit anderen Worten: Die USA können ihre Defizite nicht mehr durch Inflationsexport finanzieren. Die ganze Wucht ihrer aufgesparten Ungleichgewichte fällt ihnen in den eigenen Schoß. Das Ergebnis wird ein massiver Inflationsschub in den USA sein, der Einkommen und Ersparnisse in großem Umfang zerstört. Die Alternative ist eine restriktive Geldpolitik und hohe Zinsen, die aber die Regierung in Washington nicht bezahlen kann, dafür sind die Schulden einfach mittlerweile zu hoch. Das Ergebnis wird sein, dass die USA sich das größte Militärbudget der Erde nicht mehr leisten können, denn dieser Etat wurde zuletzt komplett aus dem Leitwährungstribut finanziert.

Der Krieg wird also nicht in der Ukraine entschieden, auch nicht in Gaza, nicht in der Taiwanstraße und nicht im Roten Meer.

Er wird in den Zahlungsverkehrssystemen des Planeten entschieden. Goodbye monetäre Matrix, willkommen in der „richtigen“ Welt.

Ach ja, und bevor ich es vergesse: Diese Entwicklung garantiert, dass Gold im Preis weiterhin steigen wird. Nichts kann das dauerhaft aufhalten.

Ihr „Dr. Gold“ Markus Krall