Interview mit General a. D. Harald Kujat* über die Schweizer Friedenskonferenz, die Europäisierung des Ukraine-Kriegs und die Aussichten auf Friedensverhandlungen.
Das Interview, das Thomas Kaiser führte, ist zuerst in der Schweizer Zeitung Zeitgeschehen im Fokus Nr. 10 erschienen.
Zeitgeschehen im Fokus (Thomas Kaiser): Welche Bedeutung messen Sie der Konferenz in der Schweiz vom vorletzten Wochenende zu?
General a. D. Harald Kujat: Der „Friedensgipfel“ auf dem Bürgenstock war nicht wirklich ein Gipfel, und es ging weder um einen Waffenstillstand noch um Friedensverhandlungen. Wenn man einmal von Europa absieht, waren nur wenige Staats- oder Regierungschefs anwesend. Die Tagesordnung war auf drei von zehn Punkten des sogenannten „Selenskij-Friedensplans“ reduziert, die nichts mit Frieden oder einer Friedenslösung zu tun haben: Nukleare Sicherheit, Lebensmittelexport und Austausch von Kriegsgefangenen beziehungsweise Rückkehr ukrainischer Kinder aus Russland. Die Kernpunkte des Selenskyj-Plans, vollständiger Rückzug der russischen Streitkräfte, Russland soll für alle Kriegsschäden bezahlen, Sicherheitsgarantien für die Ukraine und Bestrafung der russischen Kriegsverbrecher, standen nicht auf der Tagesordnung.